Wir stellen euch hier den Begleitband zur Ausstellung in Wien vor. Es geht dabei um die Sicht seines jungen Schülers auf Rembrandts Werk, aber auch um interessante Analysen und tolle Abbildungen der Werke.
Rembrand und van Hoogstraten – inspirierten sich gegenseitig
Van Hoogstratens kam bereits als 15-Jähriger zu Rembrandt in dessen Amsterdamer Atelier und legte selbst eine beachtenswerte „Karriere“ als Maler hin. Vor allem aber wurde er durch sein 1678 publiziertes Werk (Buch) „Einführung in die hohe Schule der Malkunst“ bekannt. Denn dieses gilt bis heute als wichtigste zeitgenössische Quelle für das Verständnis der Kunst seines Lehrers.
Der Band zur Ausstellung behandelt vor allem die beiden Aspekte Farbe und Illusion in den Werken beider Künstler.
Der prächtige Bildband mit gestochen scharfen Abbildungen der Kunstwerke und edlem goldenen Rand um die Bilder enthält sehr interessante Abhandlungen und Analysen der Kunstwerke. Hier einige Themen aus dem Buch:
- Die Selbstporträts der beiden Künstler im Vergleich
- Van Hoogstratens Bewertung von Rembrandt als (sehr beliebtem) Lehrer
- Leidenschaft für Illusionen beider Künstler
- Rembrandts strategischer Einsatz von Modeaccessoires in seinen Porträts
- Exkurs: Schmuck und Gold in Rembrandts Werken
- Mehrdeutigkeit und Illusion in Rembrandts Werk „Junge Frau im Bett“
- Samuel von Hoogstraten und die zentraleuropäischen Wissenschaftler des Sehens: Astronomie, jesuitische Optik, perspektivische Technik
Am Ende des Buches findet ihr eine Werkliste mit allen Gemälden der Ausstellung, die auch im Buch abgebildet sind, ihre Titel und Daten. So habt ihr eine tolle Übersicht über das Schaffen der beiden Künstler und ein schönes Nachschlagewerk mit vielen Hintergrundinfos.
Die Qualität des Bildbandes ist sehr hochwertig: Ihr habt besonders dicke Seiten, farbintensive Drucke, ein gut lesbare Schrift und ein fundiertes wissenschaftliches Werk.
Die Gegenüberstellung der beiden Künstlern ist zwar der Hauptanlass für die Ausstellung und das Buch, aber das Werk kann man genauso als Einführung in das Schaffen Rembrandts verstehen, denn sein Schüler hat zum einen den Stil des Meisters zunächst kopiert, dann adaptiert und schließlich seinen eigenen Stil daraus gemacht.
Durch die Sichtweise und Kopie des Schülers wird das Auge des Betrachters auf das Typische an Rembrandts Werken geführt und die Analyse gelingt leichter als ohne jeden Vergleich.
Zudem führen das Buch und natürlich die Ausstellung auch Kunstlaien behutsam an die Kunst früherer Jahrhunderte heran, die heutigen Menschen oft als eigenartig düster erscheinen. Durch die Analyse des Zusammenspiels zwischen Licht und Schatten in den Werken ergibt sich aber nun ein Aha-Effekt.
Auch das Hintergrundwissen, wie wenig Farben den Künstlern damals zur Verfügung standen, erklärt modernen Kunst-Konsumenten, warum die Farbpalette so bescheiden war und Brauntöne und Schwarz so vorherrschend waren.
Ebenso der Hinweis, dass Rembrandt selbst die schwarz-weiße Mode seiner Zeit gar nicht mochte und sich selbst und andere lieber in opulente oder historische Kostüme steckte, ist für Laien sehr wichtig, um seine Werke zu verstehen.
Der Bildband verhilft uns Menschen aus der modernen Zeit einen Zugang zum damaligen Leben und ihrer Kunst zu finden, der einem sonst oft verwehrt scheint. Es ist sehr spannend, hier ins Detail zu gehen und sich die Analysen und Gegenüberstellungen der verschiedenen Autoren durchzulesen.
Auch die Komposition der Werke beider Künstler spielt eine wichtige Rolle. Wem fällt schon auf, dass Rembrandt gerne eine Hand seiner dargestellten Figuren hell und deutlich ausmalte und die zweite im Dunkeln fast verschwinden ließ? Kritiker unterstellten ihm, dass er nur die eine Hand so fein malen konnte und sich quasi vor der zweiten drücken wollte.
Aber kann man dies einem solch begnadeten Künstler wahrlich unterstellen? Eher nicht! Wir erfahren hier, dass durch die eine Hand im Dunklen der Effekt der Tiefe im Bild hervorgebracht wurde. Und ja, tatsächlich: Wir nehmen es als selbstverständlich an, wie plastisch die Figuren vor uns stehen, wie lebendig sie wirken – aber das ist alles andere als selbstverständlich!
Technik und Raffinesse stecken im Detail
Die alten Meister haben mit viel Technik und Raffinesse gearbeitet. Interessant ist auch der Aspekt, wie die Schatten detalliert dargestellt werden. Ist uns als Betrachter bewusst, wie schwierig es war, bei dem reduzierten Lichteinfall der meisten Bilder all die verschiedenen Spiele von Licht und Schatten so perfekt abzubilden?
Wer auch nur ein wenig hobbymäßig malt weiß, wie schwer es ist einen Lichteinfall und seine Wirkung auf Objekte nachzumalen.
Besonders hervorzuheben sind die Kapitel, in denen es um Schmuck und Modeaccessoires geht. Denn es fällt wirklich auf, wie wunderschön und edel Rembrandt und Hoogstraten Schmuck abbilden konnten. Gold glänzt wirklich golden und Perlen haben einen perlmuttfarbenen Schimmer.
Die Modeaccessoires wie die übergroßen weißen Krägen und Manschetten der Personen spielen auch eine wichtige Rolle, umrahmten sie doch das Gesicht hell. Die detaillierte Darstellung verschiedener Materialien wie Brokat, Seite, grobem Stoff oder glattem ist auch ein Merkmal dieser alten Meister, die durch diese Kontraste den Werken ihre Struktur und Dynamik verleihten.
Das Spiel mit den Illusionen beherrschten beide perfekt
Was auch nicht jeder weiß: Schon damals liebten die Menschen Illusionen, also wenn das Auge ihnen einen Streich spielte. Die Maler bemühten sich sehr, den Betrachtern vorzugaukeln, ihre Werke wären Realität. Und so malten beide Künstler sogenannte Steckbretter, die man damals nutzte um Dinge des täglichen Gebrauchs an der Wand festzuheften.
Sie malten diese Steckbretter als Stilleben so realistisch, dass ihre adeligen Künstler sich davon tatsächlich täuschen ließen und dachten, die Dinge an der Wand würden wirklich dort so hängen! Einen ähnlichen Effekt erzielte Rembrandt mit einem Bildnis einer aus dem Fenster herausschauenden Dame, die die Passanten für echt hielten!
Solche Effekte kann man natürlich nur erzielen, wenn man absolut meisterhaft malen kann – und, ja darüber muss man sich im Klaren sein: Die Künstler hatten damals nicht die Möglichkeit wie wir heute, mit Fotos zu arbeiten und diese am Bildschirm so zu vergrößern, dass das kleinste Detail riesengroß zum Nachmalen erscheint.
Sie mussten sich auf ihre eigenen Augen verlassen! Realistische Abbildungen von Mensch und Natur waren die Hauptaufgabe der Künstler und das unter viel schwereren Bedingungen, was wir ja zum Beispiel an der eingeschränkten Farbpalette zu sehen ist.
So, wir hoffen, ihr seid neugierig geworden und holt euch jetzt auch diesen tollen Bildband, der für alle Kunstfans ein richtiges Must-have ist!
Daten zum Buch:
Rembrandt – Hoogstraten
Ausstellungskatalog 2024. Größe: 24,5 x 28 cm
288 S., zahlr. Abb., gebunden
Deutsch
Farbe und Illusion
Sonderausstellung KHM 2024
Artikel Nr.: 100000000038214-3360-01
Zur Ausstellung in Wien:
Die umfassende Schau beeindruckt mit zahlreichen Gemälden und Zeichnungen in großer Vielfalt. Die gemeinsame Faszination von Rembrandt und Hoogstratens für Illusion wird dokumentiert. Ihr erfahrt in der Ausstellung, wie die kraftvolle Kunst Rembrandts seinen Schüler beeindruckte und prägte.
Entdeckt an ihren Werken die erstaunlichen Techniken, durch die die alte Kunst bis heute so viele Menschen fasziniert.
Die Ausstellung findet statt:
8. Oktober 2024
bis 12. Jänner 2025
Kunsthistorisches Museum Wien
Maria-Theresien-Platz, 1010 Wien
Öffnungszeiten bis 12. Jänner 2025:
Täglich, 10–18 Uhr
Do & Sa, 10–21 Uhr
Hier könnt ihr Tickets online kaufen: Rembrandt – Hoogstraten : KHM Shop